Unterstützung Molekularer Tumorboards
Die Präzisionsmedizin spielt eine bedeutende Rolle in der Versorgung von Tumorpatienten. Durch molekularbiologische Charakterisierung können bei vielen Tumoren sogenannte „Treibermutationen“ identifiziert werden, um eine gezielte Behandlung mit geeigneten Medikamenten zu ermöglichen. In Molekularen Tumorboards (MTBs) werden klinische Informationen und molekulargenetische Testergebnisse zur interdisziplinären Entscheidungsfindung zusammengeführt.
Mit dem erfolgreich abgeschlossenen Use Case 3 zielte das MIRACUM Konsortium darauf ab, die komplexen Prozesse der Qualitätssicherung, Datenaufbereitung, Datenanalyse, Datenintegration und Informationsgewinnung zwischen genetischer Hochdurchsatzanalyse und medizinischer Therapieentscheidung durch innovative IT-Lösungen zu optimieren. Darüber hinaus sollten Kliniker durch effiziente Datenvisualisierung bei der Entscheidungsfindung unterstützt werden.
Ein MTB ist eine interdisziplinäre, organübergreifende Konferenz, in der klinisch-pathologische Daten und molekulare Befunde von ausgewählten Krebspatienten diskutiert werden. Ein interdisziplinäres Team von Experten aus den Bereichen Medizin, Bioinformatik, Medizinische Informatik und Biologie bewertet, welche Therapieoptionen basierend auf den vorliegenden Daten die besten Chancen zur Tumorbekämpfung bieten. Das Hauptziel dieser Anwendung ist es, Patienten ohne konventionelle oder erfolgversprechende Therapieoptionen oder mit seltenen Tumorerkrankungen zu identifizieren und ihnen im Rahmen der Präzisionsmedizin potenziell wirksame Behandlungsoptionen durch zielgerichtete Therapien anzubieten – sei es im Rahmen klinischer Studien oder individueller Heilversuche.
Wir danken allen Beteiligten herzlich für die erfolgreiche Zusammenarbeit und ihren wertvollen Beitrag zum Gelingen dieses Projekts.
Im klinischen Alltag der medizinischen Zentren fallen immer mehr Hochdurchsatzdaten von Patienten mit der Diagnose eines fortgeschrittenen Tumors an. Um diese enormen Datenmengen verarbeiten zu können, müssen standardisierte Bioinformatik-Werkzeuge entwickelt werden. Diese Werkzeuge sollen den Arzt bei der Interpretation dieser komplexen Daten unterstützen. Im Rahmen des Use Cases wurde ein bioinformatisches Verfahren zur Analyse der individuellen Tumor-DNA-Sequenz entwickelt – die sogenannte MIRACUM Pipe. Die Pipeline wurde in der zweiten Jahreshälfte 2019 erfolgreich verteilt und an allen MIRACUM-Standorten installiert. Damit kann die Analyse der Sequenzierdaten einheitlich und standardisiert durchgeführt werden, beginnend mit den Rohdaten bis hin zur Bestimmung und Annotation der tumorspezifischen Mutationen.
Die automatisierte Pipeline liefert mit einem Klick zuverlässige und reproduzierbare Ergebnisse als PDF-Report, der als Grundlage für Therapieempfehlungen dient. Zusätzlich wird eine Datei erzeugt, die in die Softwareplattform cBioPortal des Memorial Sloan Kettering Cancer Center, einer privaten Krebsklinik und Forschungseinrichtung in New York, importiert werden kann. In cBioPortal werden die Ergebnisse visualisiert, die klinischen und molekularbiologischen Daten des Patienten zusammengeführt und in einer reduzierten Form dargestellt. Dies erleichtert die Interpretation der Daten. Außerdem können die Daten im Zusammenhang mit anderen Fällen betrachtet werden.
Um das cBioPortal um zusätzliche Funktionalitäten zu erweitern und an unterschiedliche Datenanforderungen anzupassen, wurden 2018 detaillierte Stakeholderanalysen mit allen MIRACUM-Standorten durchgeführt und veröffentlicht. Seit 2019 kooperiert die Universität zu Lübeck offiziell im MIRACUM Use Case 3 und implementiert diesen am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, einem HiGHmed Standort. Basierend auf den Stakeholder-Analysen wird derzeit der Prozess zur Erstellung einer Therapieempfehlung für das lokale MTB organisatorisch und technisch umgesetzt. Die Kooperation mit der Universität Lübeck ist die erste konsortiumsübergreifende Zusammenarbeit im Rahmen der deutschen Medizininformatik-Initiative (MII) als Proof of Principle für die Interoperabilität zwischen IT-Architekturen von Datenintegrationszentren zweier MII-Konsortien.
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